Gesetzliche Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung

Dr. Frank Halfpap

15.09.2022

Das Bundesarbeitsgericht hat am 13.09.2022 (1 ABR 22/21) einen für die tägliche Unternehmenspraxis sehr entscheidenden Hinweis gegeben.

Im Mai 2019 hatte der EuGH entschieden, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet sind, eine gesetzliche Regelung für die Einrichtung eines Arbeitszeiterfassungssystems vorzugeben. Seitdem wurde in der juristischen Welt darüber gestritten, ob diese in Deutschland vermeintlich noch nicht umgesetzte Verpflichtung bereits greift oder nicht. Diese Diskussion wurde in der genannten Entscheidung des BAG in dieser Woche beendet. Nach Auffassung des BAG ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann, aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Das Bundesarbeitsgericht kommt zu dieser Auffassung, da es das ArbSchG nach den Vorgaben des EuGH auslegt und von daher diese Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bereits als existierend ansieht.

Wenn also in Ihrem Unternehmen noch keine entsprechenden Regelungen bestehen, sollten Sie dringend über Änderungen nachdenken. Die sogenannte Vertrauensarbeitszeit hat damit ein Ende gefunden. Man kann auch nicht mehr damit argumentieren, dass die aktuelle Rechtslage nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nur die Erfassung von Überstunden vorsieht. Der Hinweis des BAG ist insoweit eindeutig. Wie und in welchem Umfang (handschriftlich oder digital, mit exakten Pausenzeiten, täglich oder wöchentlich) die Arbeitszeit zu erfassen ist, wird wohl detailliert dann irgendwann gesetzlich geregelt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht also durchaus noch die Möglichkeit kreativen Gestaltens. Insbesondere ist noch nicht geklärt, ob man die Aufzeichnung der Arbeitszeiten auch dem Arbeitnehmer übertragen kann. Dies halten wir zulässig.

Bei fehlender Umsetzung werden zwar keine Ordnungswidrigkeiten drohen. In rechtlichen Auseinandersetzungen mit Arbeitnehmern, bei denen es um geleistete Arbeitszeit geht, wird der Arbeitgeber aber nicht einwenden dürfen, dass der Arbeitnehmer erst einmal darlegen muss, wann er wieviel gearbeitet hat. Dafür hat nunmehr der Arbeitgeber Sorge zu tragen.

Sollten Sie bei sich Handlungsbedarf sehen, stehen wir gerne für eine nähere Erörterung zur Verfügung.

 

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