Das Wettbewerbsregister – (noch) wenig bekannt, aber u.U. von erheblicher Bedeutung

Jan Leue

08.03.2023

Aus Anlass des zum 01.01.2023 in Kraft getretenen Gesetzes über die unternehmerische Sorgfalt in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes – LkSG) ist auch das Wettbewerbsregistergesetz – WRegG) geändert worden. Grund genug, das nach diesem Gesetz einzurichtende und zu führende Wettbewerbsregister nachfolgend näher in den Blick zu nehmen. 

Das bundesweite Wettbewerbsregister hat am 01.12.2021 seinen Betrieb aufgenommen. Das beim Bundeskartellamt in Bonn als elektronische Datenbank geführte Register stellt öffentlichen Auftraggebern, Sektorenauftraggebern und Konzessionsgebern für Vergabeverfahren Informationen zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, zu prüfen, ob ein Unternehmen wegen bestimmter Wirtschaftsdelikte von dem Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann. Damit können Auftraggeber besser das Vorliegen von Ausschlussgründen gemäß den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) prüfen.

Eingetragen werden Unternehmen, denen bestimmte Wirtschaftsdelikte zuzurechnen sind, insbesondere Bestechung, Bildung krimineller Vereinigungen, Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche, Betrug und Subventionsbetrug zu Lasten öffentlicher Haushalte, Steuerhinterziehung, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Verstöße gegen bestimmte arbeitsrechtliche Vorschriften sowie Kartellabsprachen. Voraussetzung für die Eintragung ist bei Kartellabsprachen der Erlass einer kartellbehördlichen Bußgeldentscheidung, bei den übrigen Delikten das Vorliegen einer rechtskräftigen Sanktionsentscheidung (strafgerichtliche Verurteilung, Strafbefehl oder Bußgeldentscheidung). Teilweise muss die verhängte Sanktion zudem eine gewisse Bagatellschwelle überschreiten. Die zuständigen Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden sind seit dem 01.12.2021 zur elektronischen Mitteilung registerrelevanter Entscheidungen an das Bundeskartellamt verpflichtet.

Das Wettbewerbsregister ist kein öffentlich zugängliches Register. Die Abfrage des Wettbewerbsregisters ist nur möglich für registrierte öffentliche Auftraggeber sowie bestimmte Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber.

Ein öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 99 GWB (u.a. Gebietskörperschaften wie Gemeinden) ist vor der Erteilung eines Zuschlags in einem Verfahren über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem geschätzten Auftragswert ab EUR 30.000,00 ohne Umsatzsteuer verpflichtet, das Wettbewerbsregister zu demjenigen Bieterunternehmen abzufragen, das den Auftrag erhalten soll. Eine derartige Abfragepflicht besteht zudem für Sektorenauftraggeber nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 GWB sowie für Konzessionsgeber nach § 101 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GWB, jeweils sofern die Schwellenwerte des § 106 GWB erreicht sind. Ausnahmen für die Abfragepflicht gelten für Sachverhalte, welche von der Anwendbarkeit des Vergaberechts ausgenommen sind, sowie für Auslandsdienststellen. Zudem ist eine Abfrage entbehrlich, wenn ein Auftraggeber innerhalb der letzten zwei Monate zu dem entsprechenden Unternehmen bereits eine Auskunft aus dem Wettbewerbsregister erhalten hat.

Mit der Anwendbarkeit der Abfragepflicht im Hinblick auf das Wettbewerbsregister am 01.06.2022 werden die bisher bestehenden Abfragepflichten betreffend die Korruptionsregister der Länder und das Gewerbezentralregister (§ 150a der Gewerbeordnung – GewO) ersetzt. Eine Überführung von Daten aus diesen Registern in das Wettbewerbsregister ist nicht vorgesehen. Um eine Informationslücke für Auftraggeber zu verhindern, wird es für sie allerdings noch für drei Jahre nach Einführung der Pflicht zur Abfrage des Wettbewerbsregisters möglich bleiben, das Gewerbezentralregister auf freiwilliger Basis abzufragen.

Daneben eröffnet das WRegG eine freiwillige Abfragemöglichkeit für die vorgenannten Auftraggeber: Diese können bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionen mit einem geschätzten Auftrags- oder Vertragswert unterhalb der vorgenannten Wertgrenzen das Wettbewerbsregister zu demjenigen Bieter abfragen, an den der Auftrag oder die Konzession vergeben werden soll. Im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs kann eine Abfrage zu den Bewerbern erfolgen, die der Auftraggeber zur Abgabe eines Angebots auffordern will.

Ob ein Unternehmen trotz eines Eintrages im Wettbewerbsregister von der Teilnahme an dem Vergabeverfahren ausgeschlossen wird, darf der Auftraggeber dennoch eigenverantwortlich nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften entscheiden. Sind jedoch Eintragungen nach § 123 GWB erfolgt, ist das Unternehmen zwingend vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen. 

Das wäre etwa der Fall, wenn das Unternehmen seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zur Sozialversicherung nicht nachgekommen ist und dies durch eine rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung festgestellt wurde. Hier besteht die Möglichkeit zur Selbstreinigung durch Nachzahlung der verfahrensgegenständlichen Steuern und Abgaben (§ 123 Abs. 4 Satz 2 GWB).  

Die Frist zur Löschung einer Eintragung und der Fristbeginn sind abhängig von dem der Eintragung zu Grunde liegenden Fehlverhalten. Die Frist beträgt fünf Jahre für Delikte, die einen zwingenden Ausschlussgrund darstellen, und drei Jahre für Delikte, die Gegenstand eines fakultativen Ausschlussgrunds sein können. 

Im Register eingetragene Unternehmen können zudem einen Antrag auf vorzeitige Löschung der Eintragung wegen Selbstreinigung stellen. Das Bundeskartellamt hat Leitlinien und Praktische Hinweise zur Selbstreinigung erlassen. Diese Dokumente konkretisieren einzelne Aspekte der Selbstreinigung und geben praktische Hilfestellung für einen Antrag.

Rechtsanwalt Jan Leue

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