Entschädigungsansprüche bei Betriebsschließungen in Zeiten von Corona?

Rechtsanwalt Friege

08.04.2020

Immer wieder wird an uns die Frage nach Entschädigungsansprüchen bei Betriebsschließungen aufgrund der derzeitigen Allgemeinverfügungen herangetragen. Als Inhaber eines hierdurch betroffenen Unternehmens fragen Sie sich daher berechtigt, ob Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden können. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob die Maßnahmen sich als rechtswidrig oder rechtmäßig darstellen. Die derzeitige Rechtsprechung scheint flächendeckend von der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen auszugehen. Soweit sich Private oder Unternehmen gegen Corona – Maßnahmen gewandt haben, wurden die jeweiligen Anträge abgelehnt bzw. haben die Oberverwaltungsgerichte die erstinstanzlichen Entscheidungen bestätigt (vgl. nur  VG Schleswig, Beschluss vom 22.03.2020 – 1 B 17/20;  VG Dresden, Beschlüsse vom 30.03.2020 – Az.: 6 L 212/20 und 6 L 220/20; OVG Hamburg, Beschluss vom 26.03.2020 – Az.: 5 Bs 48/20).

Entschädigungen für rechtmäßiges Verwaltungshandeln

 Soweit sich die derzeitigen Maßnahmen als rechtmäßig darstellen, sind Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des „Sonderopfers“ denkbar. Teilweise sind derartige Ansprüche gesetzlich normiert (z.B. in § 56, 65 IfSG (Infektionsschutzgesetz). Teilweise ergeben sich solche Ansprüche aus den Grundrechten und speziell aus Artikel 14 GG. Soweit die Ansprüche gesetzlich normiert sind, sind ggf. Antragsfristen zu beachten. Da die Maßnahmen vorliegend zumeist auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG getroffen werden, greifen die Entschädigungsregeln im IfSG nach wohl derzeitig herrschender Auffassung nicht. Eine analoge Anwendung wird diskutiert. Ansprüche nach § 56 IfSG sind jedoch im Falle der Erkrankung von Arbeitnehmern denkbar. Erkrankt ein Arbeitnehmer, hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Auch erkrankte Selbstständige, die aufgrund eines Tätigkeitsverbots nach dem IfSG ihren Betrieb nicht weiterführen können, haben unter Umständen Ansprüche nach dem IfSG. Bei den Ansprüchen nach dem IfSG ist derzeit allerdings viel im Fluss. Es ist denkbar, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf weitergehende Ansprüche tätig wird. Erste Änderungen am IfSG wurden bereits vorgenommen.

Entschädigungen für rechtswidriges Handeln

Soweit sich die derzeitigen Corona-Maßnahmen als rechtswidrig darstellen, kommen grundsätzlich Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34 GG in Betracht. Auch können sich Ansprüche aus Staatshaftungsgesetzen sowie Ordnungsbehördengesetzen der Länder ergeben. Diese sind – aufgrund des sogenannten Primats des Primärrechtsschutzes – grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Betroffene nicht auf dem verwaltungsgerichtlichen Weg zuvor gegen die in Frage stehende Maßnahme als solche vorgegangen ist. Insoweit besteht eine Obliegenheit, nicht nur in den Widerspruch zu gehen, sondern auch die Notwendigkeit ein Eilverfahren zu betreiben. Dieser Grundsatz gilt, was angesichts der aktuellen Rechtsprechung besonders wichtig ist, nicht uneingeschränkt. Es besteht keine Verpflichtung, offensichtlich aussichtslose Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe einzulegen. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass die Maßnahmen rechtswidrig gewesen waren, sind damit Amtshaftungsansprüche nicht ausgeschlossen (vgl. nur OLG Schleswig, Urteil vom 19.06.2008 – 11 U 24/07). Entsprechendes gilt für etwaige landesrechtliche Entschädigungsvorschriften. Solange sich in der eingangs skizzierten Rechtsprechung keine Änderung abzeichnet, gibt es aktuell keine zwingende Veranlassung gegen die derzeitigen Allgemeinverfügungen bzw. einschlägige Rechtsverordnungen etc. vorzugehen. Sollte sich eine Änderung der Rechtslage ergeben, könnten gleichwohl Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden. Zumindest könnte diesen Ansprüchen nicht entgegen gehalten werden, dass der Betroffene nicht rechtzeitig mit Widerspruch, Eilverfahren und Klage gegen die Corona –  Maßnahmen vorgegangen ist. Vorsichtshalber kann aber durchaus Widerspruch eingelegt werden. Auch sollten vorsorglich Entschädigungsanträge nach §§ 56, 65 IfSG gestellt werden.

Entschädigungen sind damit nicht per se ausgeschlossen, wenngleich sie auch derzeit im Hinblick auf die Rechtsprechung bzw. die Regelungen im IfSG kaum in Betracht kommen. Dies gilt gerade für Betriebsschließungen. Ob der Gesetzgeber hier tätig wird bzw. eine Änderung der Rechtsprechung eintritt, bleibt abzuwarten. Erste Maßnahmen (Corona-Soforthilfen Land/Bund) sind bereits angelaufen und können beantragt werden. Auch insoweit beraten und begleiten wir Sie gern.

 

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