2 Jahre Verfahrensstillstand sind nicht „unangemessen“

Dr. Michael Klepsch

19.05.2014

Infolge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 02.09.2010 (Az.: 46344/06) hat der deutsche Gesetzgeber in § 198 GVG eine Entschädigungspflicht des Staates bei einer "unangemessenen Verfahrensdauer" eingeführt. Dadurch sollen die Verfahrensbeteiligten für Ihnen etwaig entstandene Nachteile entschädigt werden. Als Regelbetrag für den Ausgleich dieser Nachteile wird in § 198 Abs. 2 S. 3 GVG ein Betrag von 1.200,00 € für jedes Jahr der Verzögerung festgelegt (wobei die Gerichte hiervon jedoch aus Billigkeitsgründen abweichen können.

Nicht geregelt ist hingegen, wann eine "unangemessene Verfahrensdauer" vorliegt. Hinsichtlich eines finanzgerichtlichen Verfahrens hat der BFH nunmehr mit Urteil vom 07.11.2013 (Az.: X K 13/12) klargestellt, dass eine "unangemessene Verfahrensdauer" jedenfalls noch nicht dann vorlieget, wenn sich „eine Abweichung vom Optimum“ vorliegt, sondern erst, wenn eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen festzustellen ist. Obwohl der EGMR in mehreren Entscheidungen ausgeführt hat, dass regemäßig eine Verfahrensdauer von einem Jahr pro Instanz „angemessen“ ist, hat de BFH in der vorliegenden Entscheidung ausgeführt, dass jedenfalls in einem finanzgerichtlichen Verfahren ohne Besonderheiten eine Verfahrensdauer auch dann noch angemessen sei, wenn das Gericht zwei Jahre nach Klageeinreichung mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen. Dementsprechend hat der BFH im entschiedenen Fall den Verfahrensbeteiligten auch nur für die zwei Jahre überschreitende Verfahrensverzögerung (also Zeit, in der schlicht nichts passiert ist) eine Entschädigung gewährt.

Letztendlich bedeutet dieses Urteil, dass das Gericht (zumindest in finanzgerichtlichen Verfahren) zwei Jahr abwarten darf, bevor es sich weiter mit einer Klage beschäftigt. Ob das dem mit der Einführung des § 198 GVG angestrebten Zweck tatsächlich dient, erscheint jedoch fraglich.

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