Zuschlagserteilung bei Kalkulationsfehler

15.01.2015

Der Bundesgerichtshof hat in einem neuen Urteil (vom 11.11.2014 – X ZR 32/14) die Voraussetzungen dargestellt, unter denen der Auftraggeber ein Angebot mit einem Kalkulationsirrtum / Kalkulationsfehler nicht bezuschlagen darf.

Im entschiedenen Fall hatte der Auftragnehmer (AN) mit ca. 27 % Abstand zum nächsten Biter das weitaus günstigste Angebot abgegeben. Nach dem Eröffnungstermin teilte der AN dem AG mit, er habe in einer Position des Leistungsverzeichnisses einen falschen Mengenansatz gewählt. Der korrekte Einheitspreis müsse statt 9,60 € alleine zur Deckung der Herstellkosten auf 59,59 €/t lauten, was auch dem Preisniveau der anderen Bieter entsprochen hätte. Der AN bat, sein Angebot aus der Wertung zu nehmen. Gleichwohl erhielt er den Zuschlag. Nachdem er die Ausführung der Leistungen verweigerte, erklärte der AG den Rücktritt vom Vertrag und beauftragte einen anderen Bieter und machte die Mehrkosten als Schadensersatz geltend.

Ohne Erfolg! Die Erteilung des Zuschlags stellt eine Verletzung der vorvertraglichen Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB dar. Die Erteilung des Zuschlags auf ein von einem Kalkulationsirrtum beeinflusstes Angebot kann einen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Bieters darstellen. Die Schwelle zu einem solchen Pflichtenverstoß ist überschritten, wenn dem Bieter aus Sicht eines verständigen öffentlichen Auftraggebers bei wirtschaftlicher Betrachtung schlechterdings nicht mehr angesonnen werden kann, sich mit dem irrig kalkulierten Preis als einer auch nur annähernd äquivalenten Gegenleistung für die zu erbringende Bau-, Liefer- oder Dienstleistung zu begnügen (a.a.O.).

Folgende Kriterien stellt der BGH dafür auf:

  • Wesentlicher Abstand des Angebotspreises zu dem der anderen Bieter (jeweils Einzelfallentscheidung! Hier: ca. 27 %)
  • Kalkulationsirrtum / -fehler vor Zuschlagserteilung offenbart
  • Für den Bieter unzumutbare Abweichung von Preis und Gegenleistung
  • Gefahr einer existenziellen Bedrohung des Auftragnehmers infolge des Kalkulationsirrtums keine Voraussetzung für die Erheblichkeit.

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