Vollständiger Abzug von Nachlassverbindlichkeiten trotz eines nach § 13 a ErbStG begünstigten Erwerbs

Dr. Michael Klepsch

19.11.2015

Der BFH hat in zwei Parallelentscheidungen vom 22.07.2015 (Az.: II R 21/13 und Az.: II R 14/14) ausgeführt, dass Verbindlichkeiten, die in der Erfüllung eines Vermächtnisses, eines Pflichtteils- oder eines Zugewinnausgleichsanspruches geleistet werden, auch dann in voller Höhe bei der Ermittlung des Wertes einer Erbschaft abgezogen werden können, wenn der Erbe im Wesentlichen erbschaftssteuerlich begünstigtes Betriebsvermögen erworben hat. Letztendlich besteht damit für den Erben die Möglichkeit einer „doppelten Begünstigung“.

Im entschiedenen Fall hatte der Sohn von seinem Vater im Wesentlichen die Anteile an einem Unternehmen geerbt. Im Hinblick darauf hat er von den Erbschaftssteuerbegünstigungen des § 13 a ErbStG Gebrauch gemacht, wodurch letztendlich 85 % des geerbten Vermögens von der Erbschaftssteuer befreit waren. Allerdings hatte der Vater im Wege eines Vermächtnisses angeordnet, dass sein Sohn eine lebenslange Rente an seine Mutter zahlen muss. Dieses Vermächtnis mindert natürlich den Wert des Nachlasses. Allerdings hatte das Finanzamt die Auffassung vertreten, dass auch die (kapitalisierte) Rentenverpflichtung gegenüber der Mutter zu 85 % nicht zu berücksichtigen sei, da ja auch 85 % des Aktivnachlasses von der Erbschaftsteuer befreit sind.

Dem hat der BFH jedoch eine Absage erteilt und entschieden, dass auch für den Fall, dass der Erbe die Steuerbegünstigungen für die Übertragung von Unternehmensanteilen in Anspruch nimmt, die durch ein vom Erben zu erfüllendes Vermächtnis begründeten Verbindlichkeiten den Nachlasswert gleichwohl in voller Höhe mindern. Gleiches gilt für vom Erben zu erfüllende Pflichtteils- bzw. Zugewinnausgleichsansprüche.

Im Ergebnis profitiert der Erbe insoweit also „doppelt“, da einerseits 85 % des geerbten Vermögens von der Erbschaftssteuer befreit werden, andererseits aber die Nachlassverbindlichkeiten voll in Abzug gebracht werden. Von dieser vom BFH aufgezeigten Möglichkeiten zur „Steuergestaltung“ sollte (wenn der Nachlass zu großen Teilen aus Betriebsvermögen besteht) im Rahmen der Nachfolgeplanung nach Möglichkeit auch Gebrauch gemacht werden.

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